Der Teufel steckt im Detail

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VVO-Fahrplaner Gerhard Heinrich sorgt seit 1995 dafür, dass möglichst viele Fahrgäste kurze Wege und gute Anschlüsse haben – und auch bei Bauarbeiten ans Ziel kommen.

Birgit Hilbig / DDV Mediengruppe

Analog wie digital landen die Änderungsinfos auf dem Tisch von Fahrplaner Gerhard Heinrich.

Geduld muss man haben als Fahrplaner im VVO – und vielleicht auch ein bisschen penibel sein. Denn im Geflecht der über 300 Bus- und Bahnlinien von zwölf verschiedenen Verkehrs­unternehmen kann die kleinste Änderung viel durcheinanderbringen. „Der Teufel steckt im Detail“, gehört zu den Maximen von Gerhard Heinrich, der diesen Job seit 1995 innehat. „Und Schnellschüsse rächen sich.“

Sein Faible für Fahrpläne entdeckte der Diplomingenieur für Eisenbahntransporttechnologie 1989, als er im damaligen Büro für Stadtverkehr das „Fahrplanheft Stadt- und Nahverkehr“ erstellte. „Seinerzeit war es schon fortschrittlich, dass die Pläne der Bahn und mehrerer Busbetriebe im selben Heft abgedruckt waren. Zwar gab es festgelegte Übergangsstellen zwischen Bahn und Bus, aber eine wirkliche Koordinierung begann erst mit der Gründung des VVO.“

Der wurde 1998 Aufgabenträger für den Eisenbahn-Nahverkehr, bestellt also die Transportleistungen auf der Schiene, die das Rückgrat des Fahrplans bilden. „Die Bahn unterliegt viel mehr Restriktionen als ein Straßenfahrzeug“, erläutert Heinrich. „Deshalb müssen sich die flexibleren Busse meist nach ihr richten.“ Ausgehend von der Dresdner S-Bahn wurden Umsteigebeziehungen und Anschlüsse Schritt für Schritt optimiert. Bereits seit 1996 gibt es jedes Jahr mehrere Fahrplankonferenzen, bei denen sich Vertreter von VVO, Eisenbahnen und Busunternehmen zusammensetzen und Änderungen abstimmen.

„Anfangs wurde beispielsweise über die Einstellung schlecht genutzter Bahnlinien diskutiert“, so Heinrich. „Auch die Schließung von Schulstandorten spielte eine große Rolle. Schließlich orientiert sich vor allem in dünn besiedelten ländlichen Regionen der gesamte Busverkehr an den Schülern.“ Die ganz großen Umbrüche seien inzwischen vorbei, doch auch heute werden Schulgebäude saniert und die Kinder zeitweise woanders unterrichtet. Das kann sich auf Fahrzeiten, Haltestellen oder sogar Fahrwege auswirken.

Über die Jahre hat sich der Schwerpunkt immer mehr in Richtung Bauarbeiten verschoben: Schienenersatzverkehr und Umleitungsfahrpläne stehen bei Gerhard Heinrich auf der Tagesordnung. Die wiederum beeinflussen wichtige Anschlüsse und somit andere Bus- und Bahnlinien. „Manchmal stellt sich heraus, dass die Bauherren gar nicht alle Betroffenen informiert haben. Umso wichtiger ist der Austausch an unserem Tisch.“ Richtig anspruchsvoll werde es, wenn Maßnahmen an einer Eisenbahnstrecke geplant sind, auf der günstigsten Route für den Ersatzverkehr gleichzeitig aber ebenfalls gebaut werden soll.

Nicht selten sind es auch Hinweise von Kunden, die letztlich zu Anpassungen im Fahrplan führen – zum Beispiel, wenn bestimmte Züge überfüllt sind, Berufspendler immer wieder Anschlüsse verpassen oder große Betriebe den Schichtrhythmus ändern. „Wir versuchen natürlich, Wünsche zu berücksichtigen“, sagt Gerhard Heinrich. „Aber was dem einen entgegenkommt, kann für den anderen ein Nachteil sein.“ Deshalb funktioniere nichts ohne Kompromisse, und im Zweifel zählten natürlich die Interessen der Mehrheit.

Als „Paradebeispiel“ nennt der Fahrplaner den Halbstundentakt der S-Bahn zwischen Dresden und Kamenz, der seit Dezember viele Pendler schneller und bequemer zur Arbeit kommen lässt. Für die Beschäftigten eines Industriegebietes in Radebeul-Naundorf verbessert sich der Arbeitsweg voraussichtlich ab Juni 2023, weil in den Schichtablösezeiten drei Zugpaare der Regionalbahn zwischen Coswig und Großenhain verlängert werden. „Die Vorbereitung solcher scheinbar kleinen Änderungen kann zwei bis drei Jahre dauern. Schließlich sollen sie dann auch für längere
Zeit Bestand haben.“

Bevor Gerhard Heinrich am 30. September in den Ruhestand geht, wird er noch zwei Fahrplankonferenzen bestreiten: Im Juli geht es um den Jahresfahrplan und die geplanten Baumaßnahmen der Bahn für 2023, und im September um den Schülerverkehr. In den letzten drei Monaten seines Berufslebens arbeitet das „VVO-Urgestein“ seinen Nachfolger ein, der dann zusammen mit Heinrichs langjährigem Kollegen Torsten Roscher die Fahrpläne im Verkehrsverbund „in die Hand nimmt“.

Dieses und weitere Themen finden Sie in der Kundenzeitschrift des VVO – OberelbeTakt – 2. Ausgabe 2022.

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6 Kommentare

  1. Tobias Haase

    Wird sich für die Strecke Dresden-Königsbrück auch etwas zum Fahrplanwechsel ändern?
    Zum Beispiel an Feiertagen & Wochenenden wartet man ja in Dresden-Neustadt 15 Minuten auf den nächsten Anschluss in Richtung Hauptbahnhof.
    Und es auch mal im Plan eine Verbindung mit Bus ab Königsbrück nach Senftenberg oder Großenhain zu schaffen?

    1. Sandra Petzold

      Hallo Tobias, am Fahrplan der RB 33 wird sich aller Voraussicht nach zum Fahrplanwechsel nichts entscheidend ändern. Anpassungen im Minutenbereich gibt es wahrscheinlich nur im Raum Königsbrück, die aber keine Auswirkungen auf die Ankunftszeiten in Dresden-Neustadt haben. Perspektivisch ist jedoch eine Verlängerung der RB 33 zum Dresdner Hauptbahnhof angedacht.

      Bzgl. Ihrer Nachfrage einer Busverbindung von Königsbrück nach Senftenberg und Großenhain, hier besteht gegenwärtig keine relevante Nachfrage, die die Einrichtung einer dauerhaften ÖPNV-Verbindung rechtfertigen. Seitens des Freistaates Sachsen wird aber langfristig angestrebt, eine neue TaktBus-Linie zwischen Königsbrück, Thiendorf und Großenhain anzubieten. Hier laufen gerade intensive Abstimmungen mit den beteiligten Aufgabenträgern. Viele Grüße

  2. Bernd Böttcher

    Es wäre gut wenn die S8 komplett nach Senftenberg verlängert wird. Der Zug war ab Kamenz voll bis Senftenberg. Wenn Ihr wieder sagt es wäre kein Bedarf da ist das eine glatte lüge. Der VVO lügt uns Pendler eh die Taschen voll. Defekte Züge fahren rum und am besten noch 3 Geisterzüge in der Woche. Wie geizig seit Ihr.

    1. Sandra Petzold

      Hallo Bernd Böttcher, da Sie uns ja ständig und auf vielen Kanälen unterstellen, dass wir Sie und andere Pendler anlügen, überlege ich, ob eine ehrliche Antwort sinnvoll ist und ob wir die Kommunikation mit Ihnen nicht wirklich besser einstellen sollten. Aber ich versuche es nochmal mit einer normalen Antwort und in einem Ton, den wir uns von Ihnen auch wünschen. Dass Sie es gut finden, dass die S 8 bis Senftenberg verlängert wird, können wir natürlich nachvollziehen. Die Verlängerung ist auch ein Bestandteil der zukünftigen Maßnahmen. Aber am Ende ist die Vergabe IMMER eine Frage der Finanzierung. Wie für andere Projekte auch. Für das kommende Jahr ist auf jeden Fall erneut der Betrieb der Seenlandbahn geplant, welche in den Sommerferien jeweils Sa/So unterwegs ist. Viele Grüße

      1. Bernd Böttcher

        Liebe Sandra Petzold mag sein das ich mit dem VVO sehr hart ins gericht gegenganen bin. Meine Tonwahl war nicht immer die beste und gelobe besserung. Mein Ziel ist es zumsammen mit dem VVO eine gute Lösung zufinden das mehr Züge und co rollen. Es war ziemlich ärgerlich wenn ein 5 Wagen einfährt aber nur 4 Wagen zur verfügung steht weil gleich alle Türen defkt waren ist man sehr verärgert. Besteht nur die Frage wann die Strecke Ausgebaut wird. Hatte gelaube gelesen soll angeblich Elektrifiziert werden. Wenn es so wäre, Wäre das für die Region ein ziemlicher Gewinn. Wird denke ich mal schwer wegen den Tunnel in Kamenz. Gibt es was neues von der Bahnstrecke Döbeln – Meißen wo wir da drüber gesprochen hatten wo ich beim VVO zu Gast war? Konnte man sich einigen wegen der BR445?

        1. Christian Schlemper

          Hallo Bernd Böttcher, die Mängel bei der S-Bahn haben wir mit der DB Regio ausgewertet. Diese hat Verbesserung versprochen – defekte Wagen sind mehr als ärgerlich. Der Ausbau der Strecke zwischen Dresden, Kamenz und Hosena soll im Rahmen des Strukturwandels in der Lausitz erfolgen. Zur Strecke Meißen – Nossen gibt es keinen neuen Stand – hier muss zuerst die Finanzierung geklärt werden. Zum Twindexx: Dazu hat der Freistaat Sachsen keine Fördermittel zugesagt, ohne die wir das Projekt nicht umsetzen können. Viele Grüße

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