Handy hoch! Ich schließe.
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Kategorie: Was kostets?, Was noch? | Stichwörter: Automaten, Check-In, Fahrscheinautomat, FAIRTIQ, handyticket, Kontrolle, Ticketautomat, Zugbegleiter
Immer mehr Fahrgäste im Verbund haben keinen Papierfahrschein mehr im Portemonnaie, sondern ein digitales Ticket auf dem Smartphone. Ein Interview über die Folgen mit Viki Petzold von der DB Regio und Alexander Zschoche vom VVO.
Birgit Hilbig / DDV Mediengruppe
Vom Trend zum digitalen Fahrscheinkauf betroffen sind vor allem die Automaten. Wie stark ist deren Nutzung im VVO zurückgegangen?
Alexander Zschoche (VVO): Als Aufgabenträger für den Schienenpersonennahverkehr finanziert der VVO die Ticketautomaten an den Bahnstationen. Seit Einführung des Deutschlandtickets im Mai 2023 haben sich die Einnahmen dort halbiert. Dem gegenüber stehen hohe jährliche Betriebskosten, die durch die geringeren Einnahmen an manchem Standort nicht einmal mehr gedeckt werden.
Wie reagiert der Verbund auf diese Entwicklung?
Alexander Zschoche (VVO): Von den insgesamt 107 roten Bahn-Automaten haben wir sechs besonders wenig genutzte zum 20. September 2024 probeweise außer Betrieb genommen. Getestet haben wir die Automaten an den Bahnsteigen in Dresden-Grenzstraße und -Industriegelände, Hermsdorf (b Dresden), Sebnitz, Obervogelgesang und Krippen. Aufkleber mit dem Slogan „Handy hoch! Ich schließe.“ machen auf diesen Test aufmerksam und weisen auf die digitalen Vertriebskanäle hin. Notfalls ist auch ein Ticketkauf beim Kundenbetreuer möglich – vorausgesetzt, der Fahrgast meldet sich unaufgefordert gleich nach dem Einstieg.
Welche Ergebnisse hat der Test bisher gebracht?
Viki Petzold (DB): Viki Petzold (DB): An fünf Standorten gab es keine nennenswerten Probleme. Die auf dem Aufkleber genannten Möglichkeiten, uns Rückmeldungen zu geben, haben nur wenige Fahrgäste genutzt und die Kundenbetreuer haben auch keinen Zuwachs bei Nutzern ohne Ticket festgestellt. Deshalb werden diese Automaten in den nächsten Wochen endgültig abgeschaltet und abgebaut.
Nur am Dresdner Industriegelände müssen wir noch einmal genau hinschauen: Besonders nach Partys in den nahegelegenen Eventlocations steigen dort viele Leute ein, die nur eine oder zwei Stationen fahren. Ein Ticketverkauf im Zug ist dann schwierig.
Weitere Einsparungen möchte der VVO durch die Umstellung von Automaten auf einen bargeldlosen Betrieb erzielen. Wo liegen dort die Potenziale?
Alexander Zschoche (VVO): An einsam gelegenen Bahnstationen wie Dresden-Zschachwitz oder Heidenau-Großsedlitz entstanden häufig Schäden durch Aufbruchsversuche; dieses Problem konnten wir durch die Umstellung lösen. Zudem müssen Bargeld-Automaten regelmäßig geleert werden, und die Zahlmodule sind störanfälliger und wartungsintensiver als beim bargeldlosen Betrieb. Deshalb funktioniert an den großen Dresdner Bahnhöfen schon seit 2023 ein Teil der Automaten nur noch mit Karte oder Handy. Im Jahr darauf wurde an neun Stationen einer von zwei Automaten umgerüstet.
Wie geht es weiter?
Viki Petzold (DB): Mittelfristig wird die Anzahl der Automaten als Reaktion auf das geänderte Nutzungsverhalten um mindestens ein Viertel sinken. Im neuen Verkehrsvertrag zwischen dem VVO und uns, der Ende 2027 in Kraft tritt, ist das auch so festgeschrieben. Es ist durchaus vorstellbar, dass wir ein paar der ab dann nicht mehr bestellten Automaten in Abstimmung mit dem VVO bereits vorher stilllegen. Das schauen wir uns gemeinsam genau an. Die jetzigen, zumeist Ende der Nullerjahre aufgestellten Geräte werden dann ab 2027 gegen neue ausgetauscht, die dem neuesten technischen Standard entsprechen und die Anforderungen neuer Vorschriften zur Barrierefreiheit erfüllen.
Alternative: Wie kommt das Ticket aufs Smartphone?
Alexander Zschoche (VVO): Über die Apps DB Navigator, FAIRTIQ und VVO mobil, die in den Stores von Google und Apple erhältlich sind, können die Fahrgäste ganz bequem vor allem Einzelfahrscheine und Tageskarten erwerben.
Weitere Informationen
Dieses und weitere Themen finden Sie in der Kundenzeitschrift des VVO – OberelbeTakt – 2. Ausgabe 2025.
Gibt es jetzt in Niedersedlitz einen Automaten Bargeldlos UND einen Automaten für Bargeld ? Ich habe kein Handy !
Hallo Jens, genau so ist es: in Niedersedlitz gibt es zukünftig einen Automaten mit und ohne Bargeldannahme. Zudem akzeptiert auch der Automat ohne Bargeld alle gängigen Geldkarten. Viele Grüße
Und wie komme ich zu einer Fahrkarte?
Hallo Olaf, wie wir im Artikel geschrieben haben, gibt es nach wie vor zahlreiche Möglichkeiten, Tickets zu kaufen, z. B. in einer Servicestelle (https://vvo-online.de/servicestellen) oder per Smartphone (VVO mobil, DB Navigator, FAIRTIQ, … ).
Obervogelgesang ist für sein „gutes“ Handynetz im Bereich des Bahnhofs bekannt. Wenn man den Tourismus, den öffentlichen Nahverkehr im ländlichen Raum und spontane Fahrten mit der Bahn fördern will, sollte man sich vielleicht ein anderes Konzept überlegen als alles auf eine App zu verlagern oder auf Servicestellen zu verweisen, die im Übrigen weit entfernt von einem der abgeschalteten Automaten liegen.
Ich durfte das Experiment „Ticketkauf nur per App“ mal im Urlaub machen – das ist keine Alternative für die kurzfristige Fahrt oder Wanderer ohne Ortskenntnis.
Ist alternativ wenigstens ein Fahrkartenkauf beim Schaffner möglich?
Hallo Paul, tatsächlich ist in Obervogelgesang das Netz je nach Anbieter schwach, aber dennoch vorhanden. Das Einchecken bei FAIRTIQ funktioniert dennoch. Wie schon im Artikel geschrieben, ist die Abschaltung erstmal ein Pilotprojekt. Wir schauen uns die Rückmeldungen an und werten das Projekt für das weitere Vorgehen aus. Bzgl. des Ticketkaufs im Zug: Die Personale der DB sind informiert, sodass Sie sich direkt nach Einstieg in den Zug gern an den Zugbegleiter wenden können, der Ihnen, wie an automatenlosen Stationen im VVO üblich, ein Ticket verkaufen kann. Viele Grüße
Sind Sie selbst schonmal in Obervogelgesang gewesen und haben dort probiert irgendwas online zu machen?
Wie wäre es mal mit WLAN an diesen Stationen, montiert am DSA plus. Auf der Insel Rügen gibt es so zumindest mitten in der Pampa Internet-Empfang. Die Investion teilen sich dort ODEG als Zugbetreiber und Deutsche Bahn als Infrastrukturbetreiber. Internt- und selbst Handyempfang gibt es in der Sächsischen Schweiz leider an vielen Orten bis heute nicht. Und auch in anderen Regionen fehlt der Empfang.
Den Vorschlag geben wir an DB Regio als Betreiber der S 1 weiter. Viele Grüße
Hallo, leider betrifft das Experiment mit der Automatenschließung auch die S-Bahnstation Grenzstraße in Dresden Klotzsche.
Für Anschlusstickets zu Monatskarte und auf Grund des P+R Parkplatzes sollte die Möglichkeit erhalten bleiben hier ein Ticket zu kaufen. Gern Automat nur mit Kartenzahlung oder es werden eben doch wieder Tickets im Zug verkauft.
Zwischen Bahnhof Klotzsche und Industriegelände gibt es eh kein Handynetz.
Die Entscheidung, auf digitale Lösungen umzusteigen, sollte immer auch die Bedürfnisse aller Nutzergruppen berücksichtigen. Öffentlicher Nahverkehr sollte für jeden zugänglich und einfach nutzbar sein – unabhängig vom technischen Wissen oder digitalen Fähigkeiten. Indem Automaten abgeschafft oder (zeitweise) stillgelegt werden, werden gerade ältere Menschen von der Mobilität ausgeschlossen und es entsteht eine digitale Kluft, die soziale Teilhabe erschwert. Nicht jede Person kann sich ein Handy leisten, um online ein Ticket zu kaufen. Und auch wenn jeder ein Handy hat, so kann es auch sein, dass einfach die technische Expertise für die Einrichtung und Bedienung fehlt. Es wäre wünschenswert, zumindest eine Mischlösung (also Automat und Online) anzubieten, um die Bedürfnisse aller Fahrgäste gleichermaßen zu berücksichtigen.
„Diese Mittel möchten wir stattdessen in das Fahrplanangebot investieren.“
Da bin ich ja gespannt, wann die S2 am Wochenende wieder im 30 Minuten Takt und Sonnabend bis Pirna fährt.
Es wird nun langsam wieder kalt und der Anschluss in Klotzsche ist am Wochenende, hier Sonnabend, mit den Zügen und der 80 überhaupt nicht abgestimmt.
Hallo Karin, die Einschränkungen auf der S 2 liegen am fehlenden Personal bei der DB Regio und nicht an der Finanzlage des VVO, denn die Leistungen sind von uns bestellt und eingeplant. Sobald wieder mehr Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter zur Verfügung stehen, kehrt die DB zum regulären Angebot zurück. Wir werden darüber informieren. Bzgl. ihres Anschlusses in Klotzsche, senden Sie uns bitte eine kurze E-Mail mit den Details an service@vvo-online.de. Dann schauen sich das unsere Fahrplaner an. Vielen Dank und viele Grüße.
Die teuren Automaten einsparen zu wollen, wenn sie so gut wie nicht mehr genutzt werden, kann ich generell nachvollziehen. Aber wie schon von anderen angemerkt kann man nicht einfach Menschen ohne Smartphone vom Service ausschließen. Ein Ticket straffrei beim Zugpersonal kaufen zu können, wäre ja zumindest mal eine Möglichkeit, diese Info habe ich allerdings am Automaten und auch in diesem Text nicht gefunden…wieso nicht? Mit der ausschließlich (?) digitalen Feedbackmöglichkeit hält man sich wahrscheinlich auch einige (negative) Rückmeldungen von Betroffenen fern.
Hallo Gumbo, als Alternative kann man sich an den betroffenen Stationen an den Zugbegleiter wenden. Da es diese Regelung an Bahnhöfen ohne Ticketautomat im VVO schon immer gibt, haben wir im Text nicht explizit darauf hingewiesen. Kritik können Fahrgäste auch telefonisch an uns übermitteln – unsere ServiceHotline haben wir an den Bahnsteigen und am Automaten veröffentlicht. Viele Grüße