…Ssssumm

| 0 Kommentare
Kategorie: Was noch?, Was rollt? | Stichwörter: , , , , , , , ,

Der VVO will sein Dieselnetz in zehn Jahren auf alternative Antriebe wie Batterie oder Brennstoffzelle umstellen. Rund um Dresden und weiter in die Lausitz wird die Zukunft umweltschonend und flüsterleise. Bis dahin ist noch viel Forschungsarbeit nötig, aber es könnte einen wichtigen Impuls in der Klimawende markieren. Martin Arnhold vom VVO, Benjamin Ebrecht, TU Berlin, und Nyascha Thomas Wittemann, TU Dresden, berichten über den Weg dahin.

Von Nils Brabandt, Konzept-Konzept

Im vergangenen September zeigte Siemens hier seinen batteriebetriebenen Desiro-Triebwagen. Wie haben Sie die Präsentationsfahrt erlebt?

Martin Arnhold, Die Fahrt war eine tolle Gelegenheit zu zeigen, dass E-Mobilität auf der Schiene seit mehr als einem Jahrhundert gelebte Praxis ist und wir mit dem System Oberleitung noch viel mehr anstellen können. Wir werden damit langfristig lokal emissionsfreien, ökologischen und verlässlichen Nahverkehr zur Verfügung stellen.
Nyascha Thomas Wittemann Für mich als Wissenschaftler war es natürlich wirklich schön, die in den Studien so umfangreich betrachtete Strecke nach Königsbrück ganz real in der Praxis mit einem batterieelektrischen Zug befahren zu können und zu zeigen – das geht wirklich!

Die Akku-Kapazitäten werden sich noch weiter verbessern. Aber schon jetzt ist der Berliner Wissenschaftler Benjamin Ebrecht vom batteriebetriebenen Testzug begeistert.

Benjamin Ebrecht Die Fahrt selbst verlief erstaunlich unspektakulär. Und das ist ja genau einer der Vorteile des Batteriezugs: Das ruhige Fahrgefühl währt auch auf den nicht elektrifizierten Streckenabschnitten fort. Von der Umschaltung auf Batteriebetrieb bekommt der Fahrgast kaum etwas mit. Als Wissenschaftler war es natürlich spannend, die Theorie in der Praxis zu erleben.

 

 

Warum elektrifiziert man nicht einfach alle Strecken mit einer Oberleitung?

MA Genau das bleibt für stark nachgefragte Schienenstrecken weiterhin das Ziel und ist auf lange Sicht auch die volkswirtschaftlich günstigste Option. Aber das braucht seine Zeit. Batteriebetriebene Züge sind deswegen die ideale Zwischenlösung und bieten auch für weniger nachgefragte Strecken eine langfristige Perspektive.

Welche technischen Herausforderungen gibt es in der Entwicklung der Züge und was liegt bis 2031 noch vor uns?

Martin Arnhold vom VVO (links) und Nyascha Thomas Wittemann begegnen sich an der TU Dresden. Der VVO wird in den kommenden Monaten entscheiden, ob auf den Dieselstrecken ab dem Jahr 2031 Brennstoffzellen- oder Batteriezüge zum Einsatz kommen sollen.

NTW Die Basis sind bestehende Fahrzeugplattformen, die für den Einsatz mit den neuartigen Antrieben weiterentwickelt wurden, besonders hinsichtlich der zusätzlichen hohen Masse und des Volumenbedarfs der Akkus, Wasserstofftanks und Brennstoffzellen. Außerdem müssen die neuen Komponenten bahnfest sein, also bis zu 200.000 Kilometer pro Jahr aushalten. Batteriezüge haben heute schon fast 100 Kilometer Reichweite, bevor sie wieder geladen werden müssen. Das reicht für viele Nahverkehrslinien in Deutschland, von denen etwa 70 Prozent im elektrifizierten Netz beginnen beziehungsweise enden. Da braucht es dann meist nur noch eine Ladestation oder ein paar Kilometer mehr Oberleitung, um die Züge sinnvoll einsetzen zu können. Für Wasserstoffzüge braucht es im Netz spezielle Tankstellen und Erzeugungsanlagen. Beide Technologien haben ihre Stärken, daher untersuchen wir diese im Rahmen des Forschungsprojektes für den VVO.

Werden alternative Antriebe weitere Vorteile im SPNV und ÖPNV bringen?

BE Batterie- und Brennstoffzellenzüge erweitern die bisherigen Dieselstrecken um einen vollelektrischen Antriebsstrang. Für den VVO böte das den Vorteil, Liniennetze neu zuschneiden und mehr umsteigefreie Verbindungen vom Umland in Ballungszentren anbieten zu können. Zudem sind elektrische Fahrzeuge in der Regel leiser und spurtstärker als ihre Diesel-Pendants und fahren Verspätungen schneller heraus. Wenn alles passt, verkürzen sich sogar die Reisezeiten. Im ÖPNV können diese Antriebe auch ein Baustein für Tram-Train-Konzepte sein, bei denen Straßenbahnen auch auf nicht elektrifizierten Bahnstrecken ins städtische Umland geführt werden. Auch in denkmalgeschützten Innenstädten könnte teilweise auf elektrische Oberleitungen verzichtet werden. Dort werden die Straßenbahnen dann mit Speicherkondensatoren ausgestattet.

Welche Technologien können noch zum Klimaschutz beitragen?

BE Grundsätzlich leistet jede Energieeinsparung auch einen Beitrag zum Klimaschutz. Das beginnt bei LED-Beleuchtung an Bahnhöfen und geht weiter über effizientere Klimaanlagen bis zu Fahrer-Assistenzsystemen und automatisiertem Bahnbetrieb.
NTW Letztlich gibt es viele Optionen. Dazu würden beispielsweise auch synthetische Diesel-Kraftstoffe zählen, die häufig auch aus elektrischer Energie gewonnen werden. Solange diese aus regenerativen Energieträgern stammt, sind sie eine umweltfreundliche Option. Aber da, wo bereits viel mit einer Oberleitung elektrifiziert ist, sind aus wirtschaftlicher Sicht fast immer die batterieelektrischen Fahrzeuge die beste Lösung.

Diese und weitere Themen, mit denen sich der VVO zwischen Sommer 2020 und Sommer 2021 beschäftigte, lesen Sie im aktuellen Verbundbericht.


Kommentar verfassen

* Pflichtfelder bitte ausfüllen
Die Angabe Ihrer E-Mail-Adresse ist freiwillig.
Ihre E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht und nicht weiter verarbeitet.