Zukunft Dachtarif

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Geht es nach den Kunden, gilt der öffentliche Personennahverkehr oft als „mindestens stark verbesserungswürdig“. Unabhängig vom Wahrheitsgehalt ist die Kritik der Fahrgäste auch ein wesentlicher Motor der positiven Entwicklungen der vergangenen Jahrzehnte gewesen, an der die fünf sächsischen Verkehrsverbünde einen großen Anteil haben. Für die Zukunft des Nahverkehrs in Sachsen werden bereits jetzt die Weichen gestellt und dabei spricht wenig gegen die Fortschreibung des Verbundgedankens hin zu einem gemeinsamen Dachtarif für Sachsen. Die Gespräche dazu begannen schon im Jahr 2015.

Von Nils Brabandt

Ziel ist ein landesweiter Dachtarif

Die Vorgabe aus dem Ministerium für Wirtschaft, Arbeit und Verkehr des Freistaats lautet: „Kundenfreundlichkeit an erster Stelle“. Der Weg dahin bleibt erst einmal offen. Doch das Ziel ist ebenfalls gesteckt: Sollte kein völlig einheitliches Tarifsystem umsetzbar sein, dann soll so viel Harmonisierung wie möglich, zum Beispiel durch die Etablierung eines Dachtarifs für ganz Sachsen, geschaffen werden. „Von einem Dachtarif könnten vor allem die Kunden profitieren, die als Berufspendler, Touristen, aber auch Gelegenheitsfahrgäste verbundübergreifend unterwegs sind“, sagt Jörg Büttner von der Beratungsgesellschaft vci GmbH. Er ist als Berater für die Kommission tätig. Aber auch die Informationssuche und der Ticketverkauf werden durch einen Dachtarif stark vereinfacht. Davon könnten wiederum die Verkehrsunternehmen profitieren, da Gelegenheitsfahrer ihre Entscheidung stark vom Nutzungskomfort abhängig machen.

Der Wille ist da

„Der aktuelle Stand in der Arbeitsgruppe Tarif und Vertrieb in der Strategiekommission ist schon relativ weit fortgeschritten“, erklärt Oliver Horeni, Tarifexperte beim VVO. „Alle Beteiligten befürworten einen Dachtarif, aber das heißt noch nicht, dass er am Ende auch umsetzbar ist. Bereits im Jahr 2016 haben wir mit der Erstellung der notwendigen Bestandsaufnahme und der Diskussion der Rahmenbedingungen begonnen. Anschließend erfolgte die Formulierung und Abwägung der Gestaltungsvarianten.“ Die Ergebnisse werden nunmehr zusammengefasst und abschließend eine Empfehlung vorgelegt. „Entschieden wird dann aber frühestens 2018 im Landtag“, dämpft Jörg Büttner kurzfristige Erwartungen.

Zehntausende Pendler könnten profitieren

Manchmal braucht es gar keinen Tarif. Oliver Horeni und Jörg Büttner erkunden zu Fuß die Dresdner Altstadt. Von hier aus sind es nur wenige Meter zum Sächsischen Ministerium für Wirtschaft und Arbeit, welches die ÖPNV-Strategiekommission organisatorisch und fachlich begleitet.

Für einen weiterreichenden Dachtarif, beispielsweise über Sachsen hinaus, machen beide Experten jedoch keine Hoffnung. „Das wäre zwar vor allem für die Menschen an den Grenzen des Freistaats schön, aber die Parameter für eine sachsenweite Einführung sind schon so vielfältig, dass ein länderübergreifender Tarif erst einmal illusorisch bleibt“, sagt Oliver Horeni vom VVO. „Da gibt es einfach zu viele unterschiedliche Systeme und Interessen“, ergänzt Jörg Büttner. „Aber schon mit einem einheitlichen Dachtarif in Sachsen erfassen wir monatlich zehntausende Pendlerbeziehungen, die seit Jahren stetig zunehmen und nun davon profitieren würden.“ Doch nicht nur die Fahrgäste hätten Vorteile. Auch für viele randständige Gemeinden bedeutet ein ÖPNV-Zugang durch einen einheitlichen Tarif eine deutliche Standortverbesserung. „So würde ganz Sachsen davon profitieren“, sagt Jörg Büttner. Die Gespräche in der Strategiekommission gehen deshalb gut voran. Mit ersten Ergebnissen und einer Empfehlung ist Ende des Jahres 2017 zu rechnen.

Mehr zu diesem und weiteren Themen lesen Sie im aktuellen VVO-Verbundbericht.


2 Kommentare

  1. Bernd Böttcher

    für alle Sachsen wäre es besser wenn es die 5 Verkehrsverbünde heiraten und es nur noch einen großen Verkehrsverbund gäbe. Hätten zwar dann viele Tarifzonen im Freistatt sachsen aber man bräuchte sich nicht mehr durch den Tarifjungel quälen von VVO,VVV,MDV ,VMS und co. Da ist aus meiner Sicht die Politik gefragt sich mal ein zu bringen.

    1. Christian Schlemper

      Hallo Bernd, mit der Organisation des ÖPNV in Sachsen beschäftigt sich derzeit die Strategiekommission des Ministeriums für Wirtschaft, Arbeit und Verkehr.
      Grundsätzlich kann man über die Organisation des ÖPNV immer streiten: In den derzeit fünf Verkehrsverbünden liegen die Entscheidungen bei den Landkreisen, die in den Verbänden den Eisenbahnverkehr organisieren und gleichzeitig den Busverkehr verantworten. So ist das Angebot recht gut integriert. Eine zentrale Landesgesellschaft würde wieder etwas Eigenständiges sein. Ein landesweiter Verbund zerreißt im Übrigen den sehr erfolgreichen Mitteldeutschen Verkehrsverbund (MDV), der neben Leipzig auch Teile von Sachsen-Anhalt und Thüringen umfasst.
      Aus unserer Sicht ist es wichtig, die Grenzen zwischen den Verbundtarifen durchlässiger zu machen. Mit dem ZVON haben wir bereits einen Übergangstarif für Pendler, mit dem Sachsen-Ticket der DB können Sie in ganz Sachsen den gesamten ÖPNV nutzen. Daran werden wir weiter arbeiten und fahrgastfreundliche Lösungen suchen, um den ÖPNV in Sachsen weiter voranzubringen. Viele Grüße,

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