Bus & Bahn nach Plan
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Kategorie: Was noch? | Stichwörter: Busnetz Bautzen, Freistaat, GOAT, Mobilität, PlusBus, Taktbus, Verkehrsplanung
Der Landkreis Bautzen freute sich Anfang des Jahres 2022 über ein modernisiertes Busnetz. Änderungen an den Linien und Wegen sowie ein verstärkter Busverkehr machen das Angebot attraktiver und bringen schneller ans Ziel. Dr.-Ing. Mathias Jehling, Wissenschaftlicher Mitarbeiter am Leibniz-Institut für ökologische Raumentwicklung, erläutert im Interview, unter welchen Umständen Mobilität einen Beitrag zu einer lebenswerten Zukunft leisten kann.
Nils Brabandt/Konzept Konzept
Was macht eigentlich ein Raum- und Umweltplaner?
Alles! Als Raum- und Umweltplaner betrachte ich die Ansprüche des Menschen an den Raum und versuche, diese im Sinne einer nachhaltigen Entwicklung zu koordinieren. Es geht dabei darum, Wohnen, Arbeiten, Versorgen und Erholen mit ökologischen, sozialen und ökonomischen Belangen in Einklang zu bringen. Hierzu nutzen wir vor allem Pläne auf Ebene der Region und der Stadt, um Akteure und Interessen aufeinander abzustimmen und mögliche Konflikte zu minimieren. Die Mobilität nimmt dabei zum einen die Rolle des Vermittlers zwischen Wohnen und Arbeiten ein. Zum anderen gilt es auch, die hierfür nötige Infrastruktur bereitzustellen.
Welchen besonderen Herausforderungen musste sich der Landkreis Bautzen stellen?
Der Landkreis Bautzen ist besonders durch seine Nähe zur Landeshauptstadt Dresden und seine ländlichen Teilräume geprägt. Zum einen gilt es, den Siedlungsdruck aufzunehmen, der sich durch ein Interesse an Wohnraum im Pendeleinzugsbereich von Dresden ergibt. Dies wird durch Neubaugebiete entlang der Autobahn A4 deutlich und dem Interesse der dortigen Gemeinden, weiteres Bauland auszuweisen. Zum anderen stehen dem Teilräume gegenüber, die sich zentralen Fragen des demografischen Wandels stellen müssen. Hier muss die öffentliche und private Daseinsvorsorge von Kindergarten bis Supermarkt sichergestellt werden.
Welche Rolle spielt dabei der ÖPNV?
Die zentrale Rolle des ÖPNV wird besonders aus den beiden gegenläufigen Prozessen deutlich. Im Einzugsbereich von Dresden wäre das die Alternative zum Auto. Eine klar verständliche und regelmäßige Taktung durch die Umstellung des Busnetzes ist dafür ein wichtiger Schritt. Aus Sicht der bestehenden Siedlungsstruktur müssen aber weitere Mobilitätsformen für einen ÖPNV im ländlichen Raum oder Stadtumlandbereich entwickelt werden. Als Wissenschaftler stelle ich mir die Frage, wie sich Entscheidungen zur zukünftigen Siedlungsentwicklung auf die Möglichkeiten des Ausbaus eines starken ÖPNV auswirken.
Wie lässt sich der ÖPNV im ländlichen Raum generell attraktiver gestalten?
Das ist eine zentrale Frage für Gesellschaft und Forschung. Im Forschungsprojekt GOAT 3.0 gehen wir gemeinsam mit der TU München und anderen der Frage nach, wie sich das Wissen über Bedarfe und Angebote sowie Orte der Daseinsvorsorge praxisnah und verständlich sammeln und weiterverarbeiten lässt. Wir arbeiten dabei mit einem Planungstool für aktive und öffentliche Mobilität im städtischen und ländlichen Kontext. Uns ist dabei auch Transparenz wichtig, um den Planungsprozess offenzuhalten und Partizipationsmöglichkeiten zu fördern. Denn ein Garant für einen attraktiven ÖPNV ist die Einbeziehung und das Wissen über die Bedarfe der Nutzerinnen und Nutzer.
Wo sehen Sie realistische Ansatzpunkte dafür in der nahen Zukunft?
Großes Potenzial sehe ich bei der Verkehrsplanung in der Zusammenführung unterschiedlicher Mobilitätsformen. Die neu aufgestellten Mobilitätskonzepte der Städte und Gemeinden zeigen das jetzt schon. Dafür braucht es aber auch technische Möglichkeiten, die Erreichbarkeit von Angeboten und Einrichtungen integrativ analysieren und bewerten zu können. Wie sieht beispielsweise die Erreichbarkeit von Schulen und Arbeitsstätten im Verbund von Bus, Bahn, Rad aber auch zu Fuß aus? Oder welches sind sichere Wege für den Radverkehr, um zur Bahn zu kommen?
Was sind dabei die Aufgaben von Bund und Freistaat?
Aus Sicht eines Raumplaners müssen die oberen staatlichen Ebenen planerische und gesetzliche Vorgaben schaffen, die eine nachhaltige Siedlungsentwicklung fördern. Dann können die Kommunen dort Flächen bereitstellen, wo nachhaltige Mobilitätsangebote und damit auch eine aktive Mobilität zu Fuß und mit dem Rad möglich sind. Das bedeutet also, bestehende Siedlungsachsen zu stärken und vor allem dort Bauflächen auszuweisen, wo es ausreichend Angeboteder Versorgung gibt. Ein weiterer Ansatzpunkt liegt in der Gewichtung der Finanzierung
von Infrastruktur und deren Ausbau. Sollten wir also weitere Umgehungsstraßen bauen oder besser im Schienennetz höhere Kapazitäten und damit auch einen zuverlässigeren Betrieb ermöglichen?
Weitere Informationen
- Verbundbericht 2021 . 2022 – Mobil in die Zukunft (PDF)
- BLOG-Artikel: „Von Verantwortung und dem lieben Geld“ – Finanzierung im VVO
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