Mobil mit E: Das Gleis ist heiß

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Seit fast 30 Jahren fahren moderne Niederflurgelenktriebwagen durch Dresden. Jetzt wird es Zeit für ein neues Modell. In einem Auswahlverfahren setzte sich das Unternehmen Alstom (vormals Bombardier Transportation) durch und begann 2020 mit der Fertigung von 30 neuen Stadtbahnwagen vom Typ NGT DX DD.

Nils Brabandt/Konzept Konzept

Centerleiter Holger Seifert unterwegs im Betriebshof Gorbitz. Hier werden die Dresdner Stadtbahnwagen für ihren Einsatz vorbereitet.

Ende November vergangenen Jahres nahmen die Dresdner Verkehrsbetriebe auf der Linie 2 den Probebetrieb auf. Wie und wann es weitergeht erklärt Holger Seifert, Leiter Center Schienen­fahrzeuge bei den DVB.

Herr Seifert, warum haben sich die DVB für einen neuen Stadtbahnwagen entschieden?
Die aktuelle Generation wurde zwischen 1995 und 1998 beschafft. Damit ist die angestrebte 30-jährige Nutzungsdauer fast erreicht. Die Instandhaltungskosten steigen aber mittlerweile stark an und manche Reparaturen oder Änderungen in softwaregestützten Steuerungen sind unmöglich.

Was sind denn die technischen Highlights der neuen Bahn?
Als Erstes ist die Stadtbahn um 35 Zentimeter breiter geworden, was eine Zwei-plus-zwei-Bestuhlung ermöglicht. Das sorgt für ein besseres Raumgefühl und bietet große multimodale Bereiche. Zum zweiten dürfen sich die Fahrgäste über Klimaanlagen, USB-Ladesteckdosen und WLAN freuen. Mehr Sicherheit bieten außerdem LED-Streifen zur Erkennung des Öffnens und Schließens der Türen sowie eine Türraumüberwachung. Dazu kommen große Panoramafenster und eine angenehme Ambientebeleuchtung. Das Kollisionswarnsystem und der Müdigkeitsassistent helfen auch unserem Fahrpersonal und senken die Unfallgefahr.

Wie war das Feedback der Menschen aus Dresden bei der ersten Präsentation?
Im Januar 2020 präsentierten wir im Dresdner Verkehrsmuseum ein maßstabsgetreues Modell. Etwa 18.000 Neugierige haben sich die Straßenbahn angesehen und konnten Lob und Kritik dazu abgeben. Nach einer ausführlichen Auswertung haben wir nachträglich einen neuen Fahrgastsitz ausgewählt, die Sitzhöhe angepasst und die beiden Multifunktionsbereiche neugestaltet. Des Weiteren hängen die Multifunktionsanzeigen nun etwas höher, die LED-Streifen sind verlängert worden und es gibt mehr USB-Ladesteckdosen als ursprünglich geplant. Die Bürgerbeteiligung hat sich für alle Seiten gelohnt.

Können Sie auch etwas zu den Kosten sagen?
Die neue Stadtbahn kostet pro Stück ca. 4,2 Millionen Euro. Der größte Teil der finanziellen Mittel wurde durch EFRE-Fördermittel realisiert. Unser Hauptpartner für die Produktion ist Alstom. Aber für eine Bahn werden tausende Teile benötigt. Und viele dieser Komponenten kommen dabei aus Sachsen. So werden unter anderem die Fahrmotoren bei der Firma VEM in Dresden, die Getriebe bei der Flender in Penig sowie die Kunststoffteile in Sachsen gefertigt. Der Rohbau wird schlussendlich in Görlitz endgeschweißt und die komplette Montage sowie die statische Inbetriebnahme erfolgt in Bautzen. Die Zusammenarbeit verlief nahezu reibungslos. Da wir uns regelmäßig austauschen, lassen wir große Probleme auch gar nicht erst entstehen.

Wie haben sich die DVB auf das neue Modell vorbereitet?
Unser Straßenbahnfahrpersonal erhält eine dreitägige Bedienungsunterweisung. Dabei werden ihnen alle neuen Funktionen vorgestellt. Bei einer ersten Selbstfahrt gewinnen sie dann einen ersten Eindruck von der größeren Fahrzeugbreite. Für das Werkstattpersonal sind Komponentenschulungen sowie gemeinsame Erstwartungen vorgesehen.

Gab es besondere Momente bei der Inbetriebnahme?
Ja natürlich. Bei der ersten Überführung achteten wir speziell auf die Vorbeifahrten an den Haltestellen und ob eventuell Geländer beziehungsweise Fahrleitungsmasten oder Verkehrszeichen im Weg sind. Die erste Reaktion unserer Fahrgäste ist überwiegend positiv. Dresden ist nun einmal eine Stadt der Straßenbahnen. Und so haben uns bei den Testfahrten viele Menschen zugewinkt, ihre Handys für Foto- und Filmaufnahmen gezückt und uns viel Glück gewünscht.

Da will der Chef ran. Beim Selbstfahrtest kommen auch die neuen Assistenzsysteme genau unter die Lupe.

Nicht jede Stadt leistet sich ein Straßenbahnnetz – warum Dresden?
Das stimmt. Aber in Dresden haben wir den Vorteil, dass das Straßenbahnnetz parallel mit der Stadt gewachsen ist. So konnten die Schienenwege und die Elektrifizierung bei der Stadtplanung entsprechend berücksichtigt werden. Der Qualitätsstand des ÖPNV lässt sich auch schwer in Euro ausdrücken. Die jahrelange hohe gemessene Kundenzufriedenheit rechtfertigt aber die Kosten.

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