Mobil mit E: Die Bahn elektrisiert

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Der VVO und der Zweckverband Verkehrsverbund-Oberlausitz Niederschlesien untersuchten in den vergangenen Jahren mögliche neue Antriebe für Bahnstrecken. Wissenschaftler von der TU Dresden und der TU Berlin hatten bereits zum möglichen Einsatz von Wasserstoff- und Akkuzügen geforscht.

Nils Brabandt/Konzept Konzept

Umweltfreundlich auch auf alten Dieselstrecken. Tobias Mader und Fabian Damm (r.) planen mit batterieelektrischen Fahrzeugen.

Fabian Damm (FD), Projektleiter, und Tobias Mader (TM), Projektingenieur, beide DB Netz AG, arbeiten aktuell an der Planung der Eisenbahninfrastruktur für batterieelektrische Fahrzeuge (BEMUs) und klären im Interview zum aktuellen Stand auf.

Was haben die Forschungsergebnisse bisher gezeigt?
FD Die vorliegende Studie stellt die Leistungsfähigkeit und Wirtschaftlichkeit von Wasserstoff- und Akkuzügen im Vergleich zu vollelektrischen Zügen und Dieseltriebwagen auf den Prüfstand. Der Vergleich zeigt, dass batterieelektrische Züge eine hohe Leistungsfähigkeit aufweisen. Aus wirtschaftlicher Sicht rentieren sich batterieelektrische Züge im Vergleich zu Dieselfahrzeugen bereits nach 25 Jahren Betriebszeit, vorausgesetzt, die Strecke ist größtenteils elektrifiziert. Die Beschaffungspreise für beide Fahrzeugtypen sind ähnlich. Die Untersuchung berücksichtigt viele unterschiedliche Kostenfaktoren, beispielsweise die Einheitlichkeit von Fahrzeugflotten und Instandhaltungsausgaben. Die Studie prognostiziert eine Verbesserung der Ladeleistung in der Zukunft.

Welche Strecken eignen sich für den BEMU-Betrieb?
TM Der Einsatz von BEMUs ist für Verbindungen sinnvoll, die abschnittsweise bereits elektrifiziert sind. Dort überbrücken sie Elektrifizierungslücken. Auch die Integration der Technologie in den bestehenden Betrieb ist wichtig. Insbesondere die Halte- und Wendezeiten für das Nachladen des Akkus sollten sich nicht nachteilig auf Anschlüsse auswirken. Auf längeren Abschnitten ohne Oberleitungsanlage können Oberleitungsinselanlagen zur Akku-Nachladung errichtet werden.
FD Wir planen derzeit für den Einsatz von BEMUs auf den Verbindungen Dresden – Königsbrück, Pirna – Sebnitz und Dresden – Altenberg. Die Strecke Dresden – Königsbrück kommt beispielsweise für einen Betrieb mit Akkuzügen in Frage, weil der Abschnitt bis Dresden-Klotzsche bereits elektrifiziert ist. Weitere Verbindungen können in Zukunft in Betracht gezogen werden, abhängig von Elektrifizierungsprojekten in der Region.

Was braucht es an konkreten Investitionen?
FD DB Netz und DB Energie stellen die Infrastruktur für Akkuzüge bereit. Die Stromversorgung wird durch Ladeunterwerke, Oberleitungs- bzw. Oberleitungsinselanlagen und Elektranten sichergestellt. Die Verkehrsverbünde sind meist verantwortlich für die Beschaffung und Instandhaltung der Fahrzeuge.
TM Im VVO-Netz werden zusätzliche Elektranten installiert, um abgestellte Fahrzeuge aufladen zu können. Auf der Strecke Pirna – Sebnitz ist am Bahnhof Neustadt i.S. beispielweise zudem eine Oberleitungsinselanlage, inklusive des zusätzlich erforderlichen Ladeunterwerks. Dies sorgt dafür, dass eine besonders hohe Ladeleistung zum schnellen Nachladen der Triebwagen zur Verfügung steht, die das konventionelle Niederspannungsnetz nicht hergibt. Das erfordert dann auf der Seite der Verteilnetzbetreiber weitere Investitionen.

Schaltplan für den Bahnhof Heidenau. Um die Akkuzüge aufzuladen, braucht es entlang der Strecken individuelle Ladekonzepte und Investitionen in die Infrastruktur.

Warum setzt man nicht gleich auf E-Loks?
FD Um schnellstmöglich vollständig elektrischen Schienenverkehr betreiben zu können, ist die Kombination unterschiedlicher Antriebstechnologien sinnvoll. Leistungsfähige Strecken mit geringer Taktfolge sind bzw. werden elektrifiziert. Bei den zuvor genannten Verbindungen handelt es sich dagegen um schwächer frequentierte Strecken, die für den Schienenpersonennahverkehr genutzt werden. Hier bietet sich der Einsatz von BEMUs als klimaneutrale Brückentechnologie an, um die Abhängigkeit vom Diesel zu verringern. Sie könnten bis zu einer vollständigen Elektrifizierung im Akkubetrieb und danach elektrisch fahren oder auf schwach befahrenen Strecken langfristig zum Einsatz kommen.

Wann werden die BEMUs in Betrieb gehen?
TM Wir unterstützen den Wunsch des VVO, Akkuzüge einzusetzen. Die dafür benötigte Infrastruktur wird aktuell in einer frühen Projektphase geplant. Wir müssen uns dabei an geltendes Regelwerk halten, das für solche Bauvorhaben teilweise öffentliche Genehmigungsverfahren erforderlich macht. Derzeit sieht der VVO eine Umstellung auf die neue Antriebstechnologie im Rahmen des neuen Verkehrsvertrags zum Ende des Jahres 2031 vor. Damit haben wir uns ein ehrgeiziges Ziel gesetzt, an dem wir gemeinsam arbeiten.

Gibt es Modellprojekte und wie sind dort die Erfahrungen?
FD Im Nahverkehr in Deutschland haben bereits einige Testfahrten und Modellprojekte zum Einsatz von Akkuzügen stattgefunden. Die Ergebnisse stimmen positiv. In Schleswig-Holstein wird bereits im Herbst 2023 der reguläre Fahrgastbetrieb mit Akkuzügen aufgenommen. Weitere Einsätze im Regelverkehr sind in anderen Regionen geplant. In ganz Deutschland sind mehrere hundert Fahrzeuge im Zulauf. Die Zukunft batterieelektrischer Fahrzeuge sieht also vielversprechend aus. Deshalb arbeiten wir im DB-Konzern weiter aktiv daran, das Zusammenspiel zwischen Ladeinfrastruktur und Zügen zu optimieren. Gemeinsam mit DB Energie sind wir gespannt auf die ersten Erkenntnisse aus dem Regelbetrieb.

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2 Kommentare

  1. Loris

    War nicht auch in der Vergangenheit von der Elektrifizierung der S8 die Rede? Steht das nicht mehr zur Diskussion?

    1. Christian Schlemper

      Hallo Loris Oberländer, die Elektrifizierung der Strecke der S 8 ist weiterhin vorgesehen. Viele Grüße

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